Sport und Politik arbeiten gemeinsam daran, den gravierenden Mangel an Bewegung in Deutschland zu beheben. Nachdem DOSB und Deutsche Sportjugend die Bundesregierung im Dezember 2022 für einen Bewegungsgipfel gewinnen konnten, geht es nun in die Umsetzungsphase. Während das Bundesinnenministerium federführend an einem Entwicklungsplan Sport arbeitet, werden die Themenfelder Bewegung und Gesundheit an einem Runden Tisch des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) diskutiert. Bewegung und aktiver Lebensstil für Alle sollen ressort- und fachübergreifend stärker gefördert werden. Es fanden bereits vier Sitzungen statt, im Vordergrund stehen Zielgruppen wie Kinder in Kitas und Schulen, Familien oder Arbeitswelt.
DOSB und dsj legen dabei Wert auf Maßnahmen in Kita, Schule und Familie. Eine Anerkennung der Sportvereine als sogenannte Bildungsakteure könnte die Kooperationsmöglichkeiten mit Kitas und Schulen verbessern – gerade mit Blick auf den Ausbau des Ganztages. Die dsj betonte die Bedeutung von Qualitätsstandards für bewegungsfreundlichere Kindertagesstätten. Gemeinsam mit der DFL Stiftung arbeitet die dsj an einem konkreten Programm, das die Besonderheiten der jeweiligen Situation vor Ort berücksichtigt, Brücken zu Sportvereinen schlägt und Betreuer*innen wie Familien mit einbezieht. In der Schule braucht es eine tägliche Bewegungszeit, Sportunterricht nur durch ausgebildete Sportlehrkräfte und mindestens drei Wochenstunden Sport.
Für Familien kommt es laut DOSB/dsj darauf an, Eltern zu unterstützen, indem sie gut über die Bedeutung von Bewegung, Spiel und Sport für das gesunde Aufwachsen informiert werden, z. B. über Aktivitäten von DOSB/dsj, der BZgA, Kinderärzte, Kitas und Schulen oder Familienzentren. Es gilt, Anreize für einen bewegten Alltag zu schaffen, etwa über ein Prämiensystem von Krankenkassen, wohnortnahe Bewegungsflächen und Kursangebote über das Präventionsgesetz. Die Wege zu Kita und Schule müssen so ausgebaut werden, dass Eltern sie als sichere Alternative zur Fahrt mit dem Auto ansehen. Der Zugang zu Sportangeboten muss erleichtert werden, z. B. durch finanzielle Unterstützung von ökonomisch schlechter gestellten Familien über das Teilhabepaket bzw. über die neue Kindergrundsicherung.
Der DOSB empfiehlt für das Themenfeld Bewegung eine ebenso klare Verantwortung wie für den Bereich der Ernährung in Form eines nationalen Zentrums für Bewegungsförderung. Im Zusammenspiel von Bund, Ländern und Kommunen müsse die Förderung von Bewegung als Pflichtaufgabe eingestuft werden. Die Kommunen müssten niederschwellige Bewegungsangebote ausbauen, dafür Förderung erhalten und das Ganze dann gemeinsam mit den Sportvereinen umsetzen.
Wie wichtig gemeinsame Initiativen zur Förderung von Bewegung sind, belegen internationale Erkenntnisse, die die Auswirkungen der Pandemie berücksichtigen: Laut Eurobarometer treiben in der der Europäischen Union (EU) 45 % der Bevölkerung nie Sport und jeder Dritte hat nicht ausreichend Bewegung. In einem neuen Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit dem Titel „Step Up! Bekämpfung von Bewegungsmangel in der Europäischen Region der WHO“, wird erläutert, wie durch Bewegung Tausende vorzeitige Todesfälle in der EU verhindert und Gesundheitsausgaben in Milliardenhöhe eingespart werden könnten. Für Deutschland entspräche dies fast acht Mrd. Euro jährlicher Einsparung von Gesundheitsausgaben pro Jahr.
Interview mit Dr. Ute Schwartz vom BMG zum Runden Tisch