Fünf Jahre nach dem letzten großen gesundheitspolitischen Zusammentreffen begrüßte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) am Montagabend (4. Juli) mit Unterstützung der Deutschen Sportjugend (dsj) und der Sportministerkonferenz knapp 200 geladene Gäste aus Sport, Politik, Gesundheit, Jugendarbeit und Wirtschaft zum 4. Gesundheits- und präventionspolitischen Abend in der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom AG. Darunter waren Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Sabine Dittmar, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit (BMG), sowie Dr. Rolf Schmachtenberg, Staatssekretär des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS).
Unter dem Motto „Gesundheit braucht Bewegung“ stand der Abend nach dreijähriger pandemiebedingter Pause im Zeichen des sportlichen Re-Starts in Deutschland.
DOSB-Vorstandsvorsitzender Torsten Burmester begrüßte in seiner Rede das angekündigte Hilfspaket des Bundes und verwies auf die wichtige Rolle von Sport und Bewegung für die Gesunderhaltung und Gesundheitsförderung. Er forderte alle Anwesenden und Beteiligten auf, sich ressortübergreifend bei dem vom BMI angekündigten Bewegungsgipfel zu engagieren: „Die Kernfrage des heutigen Abends ist: Was können wir gegen den zunehmenden Bewegungsmangel machen? Und damit meine ich nicht nur uns als organisierten Sport, sondern alle Akteure*innen: Politik auf allen föderalen Ebenen, Krankenkassen, Verbände aus dem Gesundheitswesen und anderen gesellschaftlichen Bereichen.“
Stefan Raid, 1. Vorsitzender der dsj, machte deutlich, dass die Kinder und Jugendlichen die großen Verlierer der Pandemie sind: „Es ist uns zwar Dank des vom BMFSFJ geförderten dsj-Aufholpakets und der Bewegungskampagne MOVE bereits gelungen, einige große Projekte zur Bewegungsförderung umzusetzen. Aber ein ,bisschen‘ Bewegung reicht nicht aus. Wir freuen uns daher, dass der von uns geforderte Bewegungsgipfel bereits zugesagt wurde und hoffen sehr auf die Teilnahme weiterer Ministerien. Vor allem setzen wir aus Sicht der Kinder und Jugendlichen auf die Teilnahme unseres Jugendministeriums.“
In ihren einleitenden Statements verwies Sabine Dittmar, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit (BMG), zunächst darauf, dass „regelmäßige Bewegung wichtig für Körper, Seele und Geist ist. Jede*r weiß das, aber zu wenige setzen es im Alltag um. Daher jetzt loslegen und dranbleiben - für ein bewegtes Miteinander. ” Zudem hob sie hervor, dass Sport mehr kann. “Sport fördert die Toleranz, den Zusammenhalt und Respekt. Sportliche Aktivitäten in Gemeinschaft ermöglichen soziale Teilhabe und schützen vor Einsamkeit. Diese vielfältigen Werte für unsere Gesellschaft sind gerade heute von ganz besonderer Bedeutung. Daher gilt es, das große Potential von Bewegung maximal zu nutzen, sichtbar und erlebbar zu machen.”
Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ergänzte: „Gemeinsam verfolgen wir das Ziel, Kinder und Jugendliche anzusprechen, sie für mehr Bewegung zu gewinnen. Die Pandemie war ein schwerer Einschnitt und hat insbesondere für Kinder und Jugendliche zu massiven Einschränkungen geführt. Deshalb freue ich mich über die gute Zusammenarbeit mit der Deutschen Sportjugend bei der Umsetzung des Corona-Aufholpakets und der Bewegungskampagne ‚Move‘. Das sind wichtige Impulse, um Kinder und Jugendliche zu erreichen, sie wieder für Sport und Bewegung zu begeistern und die Begegnung mit Gleichaltrigen, das gemeinsame Spiel und den Austausch zu suchen."
Passend dazu brachte Wincent Weiss, Sänger und Gesicht der dsj-Bewegungskampagne MOVE, alle Teilnehmer*innen des Abends mit seinem Kampagnensong in Bewegung, und das im wahrsten Sinne des Wortes. „Es ist einfach immer wahnsinnig schön zu sehen, wenn sich Kinder und Jugendliche mit Spaß zu Musik bewegen. Als Kampagnengesicht für die MOVE Kampagne der Deutschen Sportjugend freue ich mich, dass ich persönlich und auch mit meiner eigenen Musik das Engagement für mehr Bewegung unterstützen kann. Toll wäre es, wenn es beim angekündigten Bewegungsgipfel gelingt, die Strukturen für noch mehr Bewegungsmöglichkeiten in Deutschland zu besprechen und noch weiter auszubauen.“
Einigkeit herrschte in der Podiumsdiskussion darüber, dass es in Sachen Gesundheitsförderung ein Umdenken in der deutschen Politik braucht, und dass Bewegungsmangel auf die Agenda der Chef*innen gehört. Unter der Leitung von Daniel R. Schmidt diskutierte Sabine Dittmar zusammen mit Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, Tino Sorge, Gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU Bundestagsfraktion, Stefan Bräunling, Leiter der Geschäftsstelle Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit, Kiki Hasenpusch, Vorstandsmitglied der dsj, und DOSB-Vizepräsidentin Kerstin Holze, welche konkreten Themen auf einem ressortübergreifenden Bewegungsgipfel besprochen werden sollten.
„Wenn wir jetzt nicht in Bewegung kommen und für unsere Kinder und Jugendliche die sportliche Trendwende schaffen, laufen wir Gefahr, eine Generation heranzuziehen, die nie gelernt hat, dass Sport integraler Bestandteil ihres Alltags ist”, erklärte DOSB-Vizepräsidentin Kerstin Holze. „Ob im Schulsport oder im Verein, Gesundheit heißt vor allem mehr Bewegung und aktives Sporttreiben als wichtiger Baustein für das körperliche und geistige Wohlbefinden jedes Einzelnen. Es ist wie beim Sprachenlernen. Je früher man eine Fremdsprache lernt, desto einfacher. Mit motorischen Fertigkeiten ist es genauso. Wenn Kinder nicht im jungen Alter ein Rhythmusgefühl entwickeln oder komplexe Bewegungsabläufe wie Schwimmen, Turnen oder Grundlagen der Leichtathletik lernen, fällt es später viel schwerer, das nachzuholen. Auch deshalb muss das gemeinsame Ziel von organisiertem Sport und Politik sein, die Sportangebote allen zugänglich zu machen. Sport ist ein Querschnittsthema und sollte definitiv Eingang in politisches Handeln quer durch alle Ministerien finden.“
Kiki Hasenpusch, Vorstandsmitglied der dsj, sieht das genauso. „Für Kinder und Jugendliche ist Bewegung ein elementarer Bestandteil einer ganzheitlichen Entwicklung und des gesunden Aufwachsens. Kinder bewegen sich von Natur aus gerne – die Möglichkeiten dafür zu schaffen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Gemeinsam sollten wir jeder und jedem Zugang zum Vereinssport ermöglichen und gleichzeitig die gesamte Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen bewegt gestalten. Ob Kita, Schule, Kommune oder Verein – alle sind gefragt, wenn es darum geht unseren Kindern und Jugendlichen ein bewegteres und damit gesünderes Leben in Deutschland zu ermöglichen. Die Erfahrungen der Lockdowns haben uns gezeigt, wie positiv Bewegung das psychische und physische Wohlbefinden beeinflussen kann, wenn die Möglichkeiten dafür gegeben sind.”
Wie wichtig Bewegung für die Prävention ist, unterstrich Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer: „Körperliche Bewegung hält fit und beugt Krankheiten vor – Bewegungsförderung stellt daher eine wichtige ärztliche Aufgabe dar. In diesem Kontext der gesunden Lebensführung ist Alltagsbewegung ebenso wichtig wie der Sport an sich. Bewegung zu fördern ist ein Megaprojekt, das man nicht nur über eine Wahlperiode machen kann, sondern auf eine Dekade Minimum anlegen muss. Denn die Früchte davon fährt man noch eine Dekade später ein.“