Bildung ist weit mehr als stilles Sitzen in Klassenzimmern oder das bloße Aufnehmen von Wissen aus Büchern und Vorträgen. Bildung ist ein aktiver Prozess, der sich über Körper, Sinne und Erfahrungen mit dem Umfeld und anderen Menschen erschließt – besonders in Bewegung, im Spiel und durch Engagement. Es ist an der Zeit für die Anerkennung von Sportvereinen als zentrale Lernorte, die alleine über ihre Kernaufgabe– die Gestaltung von Bewegungs-, Spiel- und Sporträumen– eine ganzheitliche Bildung und Entwicklung junger Menschen ermöglichen, und dabei immer noch unterschätzt werden!
Bildung in Bewegung – Potenziale von Sportvereinen
Sportvereine fördern körperliche Aktivität und damit Gesunderhaltung und adressieren die „Bewegungskompetenz“, die so oft im Bildungsdiskurs fehlt. Sie sind aber auch Orte, an denen Kinder und Jugendliche zentrale Kompetenzen erwerben, die für das Leben und die Herausforderungen in der Zukunft essenziell sind: Teamfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Selbstorganisation, Umgang mit Herausforderungen und soziale Interaktion. Ob im Teamsport, im Ehrenamt oder in Wettkämpfen – überall lernen junge Menschen, ihre Rolle in Gruppen zu finden, Aufgaben selbstständig umzusetzen und sich selbst und andere besser zu verstehen.
Bildungstheoretiker wie Wolfgang Klafki heben hervor, dass Bewegung ein „Möglichkeitsraum“ ist, in dem junge Menschen ihre Fähigkeiten und Grenzen erfahren und ausbauen können. Auch in der Forschung ist absolut klar: Wer sich bewegt und Sport macht, ist erfolgreicher im Beruf und in der Schule, da über die Bewegung Fähigkeiten trainiert werden, die für kognitive Prozesse, wie Konzentrationsfähigkeit und konzentriertes und ausdauerndes Arbeiten und Lernen extrem wichtig sind.
Bewegung spielt auch in der frühkindlichen Entwicklung eine zentrale Rolle. Kinder lernen durch Bewegung ihre Umgebung zu erkunden und ihre motorischen sowie kognitiven Fähigkeiten zu entwickeln. Dieser natürliche Bewegungsdrang ist ein Schlüssel zu Bildung und muss noch viel stärker in die Köpfe von Schulen, Kitas, Gesellschaft, Politik – aber auch in das Selbstverständnis von Sportvereinen und -verbänden selbst!
Ganzheitliche Bildung ist mehr als Schule und mehr als ein „Bildungsprojekt im Sport“
Eine inklusive, nachhaltige und gerechte Gesellschaft kann nur entstehen, wenn außerschulische Orte als Bildungsräume erkundet und stärker genutzt werden. Im Sport wird gelernt. Und zwar auch dann, wenn kein gezieltes „Bildungsprojekt“ umgesetzt wird. Denn das Erlernen einer Sportart und komplexer Bewegungsmuster, das für die meisten Sportvereine das zentrale Ziel ist, stellt einen Bildungsprozess dar. Darüber hinaus können in Bewegung und im Sportverein demokratische Werte, soziale Teilhabe, Gesundheit und Nachhaltigkeit ebenso wie Bewegungskompetenz und motorische Fähigkeiten gefördert werden. Wie Beteiligung und Bildung systematisch gelingen kann, zeigt sich beispielsweise in Engagementformen wie den Juniorteams, die jungen Menschen Partizipation und Mitgestaltung ermöglichen, oder in der Arbeit von Fachkräften, Trainer*innen, Übungsleiter*innen die entsprechend qualifiziert durch „bewegtes Lernen“ Kinder ganzheitlich fördern.
Bildung als Querschnittsaufgabe: Das unterschätzte Engagement im Sport
Bildung im Sport wird durch die Deutsche Sportjugend und den Deutschen Olympischen Sportbund als Querschnittssaufgabe verstanden – und ein großer Teil davon wird durch freiwilliges Engagement ermöglicht. Tatsächlich üben 61 Prozent der freiwillig Engagierten in Deutschland ein bildungsbezogenes Engagement aus. Der Sport ist dabei das zentrale Betätigungsfeld in der Zivilgesellschaft: Er vereint die meisten Organisationen und Engagierten und erreicht Menschen in allen Lebensphasen – von Kindern über Erwachsene im Erwerbsalter bis hin zu Senior*innen.
Fazit: Ganzheitliche Bildung als gesellschaftliche Aufgabe
Bildung geschieht nicht nur in Schulen, sondern in vielfältigen Lebensräumen – besonders dort, wo Bewegung, Spiel und Engagement zusammenkommen. Sportvereine sind Bildungsorte, deren Kern es ist Bewegungslernen und körperliche Fitness zu fördern sowie junge Menschen auf das Leben vorzubereiten.
Liebe Akteur*innen der Politik, Gesellschaft und des Sports: Lasst uns laut und aktiv werden für mehr Bewegung, Spiel und Sport als Bildungsdimension und ihr volles Potenzial durch interdisziplinäre Zusammenarbeit entfalten - für eine starke und zukunftsfähige Generation.